Mittwoch, 6. Oktober 2010

Sie fehlt mir

Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht an sie denke.
Sie fehlt mir, jetzt ganz besonders.
Meine Mutter.
Niemand spricht mehr unangenehme Dinge so offen an wie sie. Sie war darin Weltmeister. Oft war es zum Lachen, manchmal doch sehr peinlich. Peinlich war es auch, wenn sie mich vor wildfremden Menschen mit „ Ninchen“ ansprach.
Sie hatte eine Schwäche für Herrn L.. Manchmal fragte ich sie, ob sie vergessen hätte wer jetzt genau ihr Kind ist. Sie lachte darauf nur und sagte, „Ach, Ninchen!“
Bei niemandem schmeckten die Reibekuchen und der Rübstieleintopf besser als bei ihr. Es gab eigentlich immer etwas zu essen, egal wann man vorbei kam. Jedes Gejammere hörte sie sich stoisch an. Doch was man danach gesagt bekam, dass wollte man nicht immer hören. Schonungslose Ehrlichkeit gehörte zu ihrer Grundausstattung.
Sie hätte sich so gefreut, über die Erbse!
Herr L. und ich hätten gar keine ruhige Minute mehr gehabt.
Wenn sie noch leben würde, dann könnte ich jetzt schon einen Großmarkt für Kinderbekleidung und Zubehör eröffnen.
Sie hätte sich so sehr mit uns gefreut!
Damit ich auch ordentlich esse, eine ihrer größten Sorgen, würde sie für uns vorgekochen. Damit aus der Erbse was anständiges wird!
Wir hätten zusammen das Kinderzimmer dekoriert und eingerichtet, in Rekordgeschwindigkeit.
Sie hätte sich nicht lange bitten lassen und wäre mir mit Eimer und Schrubber auf den Pelz gerückt. Würde sie noch leben, dann müsste ich nicht alleine den ganzen Renovierungsdreck weg putzen. Ich müsste sie stoppen, sonst würde sie sich übernehmen.
Zu jedem Ultraschall-Termin wäre sie mitgekommen und hätte dabei alle in den mittelschweren Wahnsinn getrieben. Alles wäre hinterfragt und kommentiert worden. Wirklich alles!
Auf ihre Kuschelatacken müsste sich die Erbse jetzt schon mal vorbereiten. Dass Monstertörtchen könnte, wenn es sich daran erinnern würde, ein Lied davon singen.
Sie würde mir auch deutlich sagen, was sie von diesen irren Frauen und ihren Ratschlägen hält - Gar nichts! Sie hätte mich bestärkt, zwar nicht kritiklos, in den Dingen die mir wichtig sind und waren. Zu jeder Zeit wäre sie für mich da gewesen, manchmal zwar maulend, aber sie wäre da gewesen.
Und sie hätte mich nicht als Brutkasten für den nächsten Stammhalter gesehen. Ich wäre immer noch ihr Kind gewesen und ein eigenständiger Mensch, nicht der Brutkasten für ihr Enkelkind.
Meine Mutter fehlt mir ! Klar, weiß ich auch, dass man als erwachsener Mensch keine Eltern mehr braucht, aber sie fehlt mir!
Und gerade nach diesem Wochenende!

14 Kommentare:

CFSteuernagel hat gesagt…

du weisst wie ich über diese WE Familienveranstaltungen denke und du weisst auch was ich dir raten würde, also versuch es nicht zu nah kommen zu lassen, auch wenn das unsagbar schwer bis schier unmöglich erscheint! Du musst dich auf das konzentrieren was wichtig ist und dabei kann man nunmal auch das ein oder andere ignorieren und versuchen drüberzustehen...

Svenja-and-the-City hat gesagt…

Ich beneide dich so sehr um deine liebevolle Mama. So, wie du sie beschreibst, erinnert sie mich an meine Oma Gerda, bei der ich aufgewachsen bin und die wie eine liebe Mama zu mir war.
Meine Mama lebt ganz hier in der Nähe, aber wir haben leider keinen Gefühlsdraht zueinander.
Herzliche Grüße, Svenja

katerwolf hat gesagt…

jetzt hocke ich schniefend vor dem computer. wenn die mama nicht mehr da ist, das ist sehr traurig. weiß gar nicht was ich sagen soll.

*knuddel*
katerwolf

Nina hat gesagt…

@Christian
Das sind im Moment bestimmt die Hormone :)
Aber es ist einfach nur nervig und verletzend!Nächste Woche sieht die Welt schon ganz anders aus!
@Svenja
Meine Mama war einfach klasse!
Genau wie Deine Oma Gerda!
Fühl Dich gedrückt!

Nina hat gesagt…

@Katerwolf
Wir hatten uns doch eine lange Zeit. Und wir hatten eine sehr enge Beziehung. Doch im Moment fehlt sie mir.

Anonym hat gesagt…

Ich drück dich auch, Nina. Und ich meine schon, dass auch Erwachsene ihre Eltern bräuchten.

LG

Christiane

Mussipitz hat gesagt…

Spontan ist mir in den Kopf geschossen:

Ach Ninchen, ich drück Dich mal...

Ich kann so gut mit Dir fühlen... es tut sehr weh einen geliebten Menschen nicht mehr um sich zu haben...

Die Zeit verändert einiges... auch wenn es eine Wunde ist, die vielleicht nie ganz heilt...

aber dafür hast Du auch die wunderschönen Erinnerungen...

Alles alles Liebe

Andrea

Nina hat gesagt…

@Christiane
Danke!
Aber weißt Du, eigentlich ist man ja erwachsen, nur in manchen Situationen bräuchte man sie noch, die Eltern.Gerade dann, wenn man sich schon ein wenig allein gelassen fühlt.
@Andrea
Danke fürs Drücken!
Und die Erinnerungen können einem auch nicht genommen werden, dass ist schon ganz gut so.

rebhuhn hat gesagt…

ich drück' dich auch, von hier aus. und mir ist es heute auch aufgefallen, daß man die eltern eigentlich immer braucht. aber sie sind ja eigentlich auch nie ganz weg :).

Nina hat gesagt…

@rebhuhn
Danke!
Ja, manchmal höre ich sie noch sagen:"Was habe ich für ein schlimmes Kind!"
Da nach lachte sie immer, aber ich hatte mich dann auch meist daneben benommen oder etwas wirklich freches gesagt. :)

Dorli hat gesagt…

meine Liebe, natürlich braucht man seine Eltern. Egal ob man erwachsen ist, oder nicht. Egal ob man seine Eltern eine lange oder kurze Zeit hatte.
Vieleicht schreibst du auf, was du von deiner Mama weißt, was du vermisst, wie du sie vermisst. Ich glaub, dass hilft und es ist was nettes auch für die Erbse.
Liebe Grüße
Dorli

NebeLmädchen hat gesagt…

Mütter sind einfach unersetzlich.
Egal, wie alt wir werden.
Umarm dich auch!

Kingsizefairy hat gesagt…

Ach, Nina, ich kann dich sooooooo gut verstehen!
Meine Mutter fehlt mir auch noch jeden Tag. Die blöden Kommentare, das Generve (du könntest ja auch mal wieder aufräumen), das dusslige Rumgewische (hast du keinen Lappen? die Anrichte klebt...), das Lachen bis zum Schluckauf, die erbaulichen Gesänge zur Erheiterung mit eingebautem Schwof (...komm mein Schatz, wir trinken ein Likörchen, tschatschatscha...)

Ja,
ich kann dich verstehen, sehr gut sogar.

Wie schrieb mir jemand seinerzeit:

das muttergeformte Loch im Herzen bleibt, aber die Kanten werden weicher mit der Zeit.


Liebe Grüße und eine liebevolle Drückung

Sabine

Anonym hat gesagt…

Nina, das ist sehr traurig, aber ihr beide schafft das schon.

Gordina