Sonntag, 20. April 2008

MC- Senior

Letztens bei MC-Donalds...
Hinter uns saß ein älteres Ehepaar, beide bestimmt an die siebzig Jahre alt. Sie las die Bildzeitung und er kaute unwillig auf irgendetwas rum, eben solange die Haftcreme hält. Kein Wort, nur Geraschel. Plötzlich, ganz unvermittelt fing er an etwas zu suchen. Sie:" Was ist denn?" Er:" Das Handy!" Sie, nachdem sie es gefunden hatte: "Wofür brauchst Du es denn?" Er:" Zum Telefonieren! Bettina!" Sie:" Warum willst Du sie denn anrufen?" Er:" Die soll morgen die Inge zum Kaffee einladen!" Sie :" Ach so!" Gesagt, getan, er wählte. Weiterhin Stille! Sie raschelte erwartungsvoll mit der Zeitung. Er :" Hier ist der Opa!" ( Unter uns, das wäre für mich das Codewort - Verbindung leider abgebrochen!) Sie hörte auf zu rascheln, war jetzt wohl zu spannend. Er :" Ich will mit Deiner Mutter sprechen, wir müssen etwas abklären. - Wie?- Wo ist sie denn? " Die Mutter, bzw. Tochter kannte anscheinend das Codewort. Er:" Wie geht es Dir?" Er erinnerte sich jetzt, dass war doch wohl sein Enkel. Ob er wohl Haftcreme schnüffelt? Gut, der vermeindliche Enkel hatte seine Mutter wohl wieder gefunden - der Kongo ist doch nicht so weit weg! Er:" Hallo, Du lädst morgen Tante Inge zum Kaffee ein! Wir kommen auch!" Die Antwort dauerte keine Minute. Er legte auf. Sie:" Und?" Er:" Sie will nicht, null Kontakt!" Sie:"Null ( jetzt kommt der Brüller) sozialen Kontakt!" Er:" Soll Dir schöne Grüße bestellen." Sie:" Gut." Beide hatten daraufhin ihre Mission beendet, hektisches Geraschel und Gestöhne, die künstliche Hüfte ist auch nicht mehr die frischeste. Beide begaben sich schlurfend Richtung Ausgang, aber nicht ohne noch mal die Speisetafel zu betrachten. Beide schüttelten synchron den Kopf, einen Nachschlag gab es nicht mehr. Aber ein bisschen Hoffnung hatte ich noch, vielleicht macht Inge ja Kaffee und Kuchen.

Mittwoch, 16. April 2008

Freitag

Es war Freitag und es war ungefähr fünfzehn Uhr. Mein Auto und ich fuhren gemächlich auf eine Ampel zu. Da sah ich sie. Bestimmt an die sechzig muslimische Männer, manche sogar in ihrer traditionellen Kleidung. Sie strömten redend und gestikulierend, sich begrüßend und lachend über die Bürgersteige. Jede Altersgruppe war vertreten in dem großen Ganzen. Ein vollkommen harmonischer Anblick, der mich schmunzeln ließ. Gut Frauen gab es in der Gruppe nicht, aber darüber sah ich dann mal gönnerhaft hinweg. Die meisten Religionen sind doch Religionen für Männer. Da können wir uns auch nicht freisprechen. Und um ehrlich zu sein, mir eine Stunde lang das männliche Weltbild eines fremden Menschen als Frau in einem Gottesdienst anhören zu müssen, da bleibe ich lieber zu Hause und lese ein gutes Buch! In meiner anarchistischen kleinen Welt wird Gott das schon verstehen. Aber diese Gruppe von Männern verströmte ein so harmonisches und friedfertiges Bild, vollkommen aufgehend in der Situation. Religion nicht als Pflicht sondern als gesellschaftliche Struktur, die Halt gibt aber auch unleugbare Gefahren in sich birgt. Mir schoss durch den Kopf, dass so manche christliche Gemeinde von solch einem regen Zulauf nur träumen könnte. Die ungefähr zwanzig, leicht depressiv verstimmt aussehenden Sonntagskirchgänger sind meist sechzig ade und preisen den Herren in Anbetracht des noch ausstehenden Sonntagsbraten in Rekordgeschwindigkeit. Meist kennt man sich untereinander nur flüchtig und legt selten Wert auf ein vernünftiges Gespräch.
Aber mein Auto und ich standen immer noch vor der roten Ampel. Aus dem Augenwinkel sah ich eine Person die Strasse überqueren. Springerstiefel, Armeerucksack mit der Deutschlandflagge und mit einem grünen Barett auf dem Kopf. Erst dachte ich, ich hätte mich verguckt, aber nein, so ein kleiner Rechter lief zwischen den ganzen Muslimen über die Strasse! Und es war wirklich ein Würstchen, spindeldürr, mit Brille und fettigen Haaren. Der Rucksack und die Stiefel liefen fast ganz alleine. Ein bemitleidenswerter Anblick. Er hielt den Kopf gesenkt, schaute werde rechts noch links und lief stur gerade aus. Er wurde nicht angepöbelt oder beschimpft. Keiner nahm Notiz von ihm oder Anstoß an ihm. Er durfte mit ihnen den Bürgersteig teilen, ganz selbstverständlich. Er ist eben so wie er ist! Doch wie wäre die Situation ausgegangen wenn die Verhältnisse umgekehrt gewesen wären? Sicher nicht so friedlich.
Die Ampel sprang auf grün und mein Auto und ich fuhren nach Hause.